Frankreich o. Spanien um 1720 - Bildnis einer Dame mit roten Nelken

Auktion 409, Kat.-Nr. 385

JUNI-AUKTION

am 28. Juni 2023 bis 29. Juni 2023

Frankreich o. Spanien um 1720


Bildnis einer Dame mit roten Nelken

Schätzpreis:
€ 10.000 bis € 12.000

Differenzbesteuerung    

Ergebnis:
€ 13.000 (inkl. 30 % Käuferaufgeld)

Beschreibung:

Frankreich o. Spanien um 1720

Bildnis einer Dame mit roten Nelken


Dreiviertelfigur leicht nach links, den Kopf leicht nach rechts gewandt. An einem Tischchen mit Allianzwappen stehend. In der rechten Hand rote Nelken, diese schmücken auch die Frisur. R. u. (auf der Tischkante) bezeichnet "Largillier[r]e ft.". Auf dem Keilrahmen jüngere Bezeichnung "Speyer". Öl auf Lwd. 104 x 81 cm. Doubliert. Rest. Min. besch. Rahmen min. besch. (131 x 109 cm).


Die stolze junge Dame, die uns entgegenblickt, ist mit einer aufwendigen Robe aus Seidenbrokat bekleidet. Neben golden gewebten Ornamenten schmückt diesen auch ein zartes Muster aus roten Nelken und Zweigen mit roten Beeren. Das Dekolleté wird von einer kostbaren Schleifenbrosche betont. Die Schöne hat einen raffiniert rotbraun-grünlich changierenden Mantel umgehängt. Feinste Spitzen komplettieren das elegante Ensemble. In der rechten Hand hält sie einen Zweig roter Nelken, diese Blüten schmücken auch ihre kunstvolle Frisur.

Das bisher nicht mit letzter Sicherheit identifizierbare Allianzwappen rechtsunten zeigt drei rote Lilien als verbindende Elemente der beiden Wappenschilder. Dieses Motiv leitet sich offenbar vom Lilienkreuz des Calatrava-Ordens, dem 1158 gegründeten großen spanischen Ritterorden, her.

Noch kann die Dargestellte nicht eindeutig benannt werden. Erst eine exakte Identifizierung des Allianzwappens wird dies möglich machen. Fest steht, dass es sich um ein außergewöhnlich repräsentatives Porträt einer wohlhabenden jungen Dame handelt. Die auffällige und wiederkehrende Verwendung der roten Nelke, traditionell das Symbol für Liebe und Zuneigung, lässt - zusammen mit dem Allianzwappen - darauf schließen, dass eine Eheschließung Anlass für die Entstehung des Gemäldes war.

Philippe Palasi, der sich intensiv mit dem Allianzwappen befasste, hat uns folgende Hypothese mitgeteilt: Möglicherweise handelt es sich bei der Dargestellten um Ana Jacoba López Cangas, Tochter des Oberstabsfeldfebels Mateo Lopéz Cangas aus Cádiz. Sie heiratete 1722 Prudencio Antonio de Palacios Santander (1682-1753), einen äußerst geschätzten und hochstehenden Beamten in Diensten des spanischen Königs. Bereits die Hochzeit fand auf Kuba statt, kurz nach seiner Eheschließung wurde Palacios Santander Zivilstaatsanwalt der Audiencia von Mexiko (1723). 1734 wurde er nach Spanien zurückberufen und im gleichen Jahr zum Ritter des Ordens von Calatrava ernannt.

Dominique Brême, der das Werkverzeichnis zum Schaffen des berühmten Porträtmalers Nicolas de Largillière (1656 Paris - 1746 ebenda) vorbereitet, schließt auf Basis hochauflösender Photographien die Autorschaft Largillières aus. Er nennt höchst interessante und zukünftigen Forschungen dienliche Aspekte: Zum einen verdanken wir ihm die Identifizierung der roten Lilien beim Allianzwappen als Hinweis auf den Orden von Calatrava. Zum anderen stellt Brême fest, dass am spanischen Hof nach der Tronbesteigung Philipps V., des Enkels des Sonnenkönigs, zahlreiche Künstler mit französischen Wurzeln tätig waren. Er nennt hier Jean Ranc und Michel-Ange Houasse. Auch Stéphan Perreau, Autor des Werkverzeichnisses zum Schaffen des Jean Ranc, vermutet eine Entstehung in diesem künstlerischen Umfeld. Die Beziehung der spanischen Künstler zu ihren französischstämmigen Kollegen war eng und möglicherweise schmückte man sich seitens des noch unbekannten Künstlers unseres Gemäldes (oder aber dessen Auftraggebers!) bewusst mit fremden "Federn", nämlich mit dem Namen des neben Hyacinthe Rigaud bedeutendsten Porträtmalers in Paris.

Wir danken Dr. Dominique Brême (Sceaux), Dr. Stéphan Perreau (Bio, Dép. Lot) und Dr. Philippe Palasi (Paris) für ihre essentielle Unterstützung im Rahmen der Katalogisierung. Eine Anfrage Dr. Palasis beim Archivo Histórico Nacional in Madrid musste aufgrund der dortigen langen Bearbeitungszeit zurückgezogen werden. Diese hätte grundlegende Bedeutung hinsichtlich der Identifizierung des Allianzwappens gehabt.

Provenienz: Süddeutsche Privatsammlung.



Datierung:
um 1720


Titel-Zusatz:
Dreiviertelfigur leicht nach links, den Kopf leicht nach rechts gewandt. An einem Tischchen mit Allianzwappen stehend. In der rechten Hand rote Nelken, diese schmücken auch die Frisur


Signatur-Bez-Vorne:
R. u. (auf der Tischkante) bezeichnet "Largillier[r]e ft."
Signatur-Bez-Recto:
Auf dem Keilrahmen jüngere Bezeichnung "Speyer"
Technik:
Öl
Träger:
auf Lwd
Maße:
104 x 81 cm
Zustand:
Doubliert. Rest. Min. besch
Rahmen:
Rahmen min. besch. (131 x 109 cm)
Provenienz:
Süddeutsche Privatsammlung.
Kommentar:
Noch kann die Dargestellte nicht eindeutig benannt werden. Erst eine exakte Identifizierung des Allianzwappens wird dies möglich machen. Fest steht, dass es sich um ein außergewöhnlich repräsentatives Porträt einer wohlhabenden jungen Dame handelt. Die auffällige und wiederkehrende Verwendung der roten Nelke, traditionell das Symbol für Liebe und Zuneigung, lässt - zusammen mit dem Allianzwappen - darauf schließen, dass eine Eheschließung Anlass für die Entstehung des Gemäldes war. Philippe Palasi, der sich intensiv mit dem Allianzwappen befasste, hat uns folgende Hypothese mitgeteilt: Möglicherweise handelt es sich bei der Dargestellten um Ana Jacoba López Cangas, Tochter des Oberstabsfeldfebels Mateo Lopéz Cangas aus Cádiz. Sie heiratete 1722 Prudencio Antonio de Palacios Santander (1682-1753), einen äußerst geschätzten und hochstehenden Beamten in Diensten des spanischen Königs. Bereits die Hochzeit fand auf Kuba statt, kurz nach seiner Eheschließung wurde Palacios Santander Zivilstaatsanwalt der Audiencia von Mexiko (1723). 1734 wurde er nach Spanien zurückberufen und im gleichen Jahr zum Ritter des Ordens von Calatrava ernannt. Dominique Brême, der das Werkverzeichnis zum Schaffen des berühmten Porträtmalers Nicolas de Largillière (1656 Paris - 1746 ebenda) vorbereitet, schließt auf Basis hochauflösender Photographien die Autorschaft Largillières aus. Er nennt höchst interessante und zukünftigen Forschungen dienliche Aspekte: Zum einen verdanken wir ihm die Identifizierung der roten Lilien beim Allianzwappen als Hinweis auf den Orden von Calatrava. Zum anderen stellt Brême fest, dass am spanischen Hof nach der Tronbesteigung Philipps V., des Enkels des Sonnenkönigs, zahlreiche Künstler mit französischen Wurzeln tätig waren. Er nennt hier Jean Ranc und Michel-Ange Houasse. Auch Stéphan Perreau, Autor des Werkverzeichnisses zum Schaffen des Jean Ranc, vermutet eine Entstehung in diesem künstlerischen Umfeld. Die Beziehung der spanischen Künstler zu ihren französischstämmigen Kollegen war eng und möglicherweise schmückte man sich seitens des noch unbekannten Künstlers unseres Gemäldes (oder aber dessen Auftraggebers!) bewusst mit fremden "Federn", nämlich mit dem Namen des neben Hyacinthe Rigaud bedeutendsten Porträtmalers in Paris. Wir danken Dr. Dominique Brême (Sceaux), Dr. Stéphan Perreau (Bio, Dép. Lot) und Dr. Philippe Palasi (Paris) für ihre essentielle Unterstützung im Rahmen der Katalogisierung. Eine Anfrage Dr. Palasis beim Archivo Histórico Nacional in Madrid musste aufgrund der dortigen langen Bearbeitungszeit zurückgezogen werden. Diese hätte grundlegende Bedeutung hinsichtlich der Identifizierung des Allianzwappens gehabt.